2010 Ehrengäste: Summer and Fall

Unsere Ehrengäste 2010 waren Summer & Fall!

Auf ihrer Homepage kann man einiges herausfinden über die zwei – und hier ist eine Biografie von der Wortschmiedin Ju:

Summer 

Die Sonne brennt im letzten Glanz des Tages. Das kupferne Haar der Dame Sommer leuchtet in ihren Strahlen. Ein rötlich-goldener Ton kommt über die Welt.

Man möchte sie sich zwischen Rosen sitzend vorstellen. Zwei Gemüter beanspruchen ihren Kopf, zwei Seelen teilen einen Körper, ernst und gelassen und zugleich lebhaft und erfüllt von kreativem Geist. Wie Wasser ergießen sich Worte aus ihrem bardischen Selbst, kristallklar, makellos, bisweilen traurig, stets voller Bedeutung, niemals trivial. Ihre Stimme ertönt wie eine Glocke, die die Menschen ruft, um zu lauschen. Dort, auf dem Scheideweg, klingen Worte fort und erklären die Welt. Es ist eine Welt von Licht und Schatten, erfüllt vom Los der Kämpfenden und Liebenden auf ihren vielen Reisen durch das Schicksal – in der wirklichen Welt und jenseits deren Grenzen. Das Leben ist nicht gerecht, Fragen sind nicht einfach, Schlachten werden nicht immer gewonnen. Sie singt von Sieg und Niederlage, von Liebe und Verlust, von der Furcht vor dem unerklärlichen Spiel, den Folgen aller Entscheidungen, den Qualen des Heranwachsens zu dem, was zu sein man niemals wünschte: Erwachsen.

Sie ist eine Spielerin, eine Sängerin, eine Poetin, Lehnsherrin der Realität zu beiden Seiten des Spiegels.

Zwischen den Rosen spielt sie mit geschickter Hand ihre vielen Instrumente. So talentiert. Holz und Saiten sammeln sich um sie wie Gefolgsleute, wohl wissend, dass sie sie klar erklingen lassen und ihnen Bestimmung verleihen wird. Sie ist offenbar mit zu vielen von ihnen vertraut, beschämt beinahe die anderen Barden. Die Kiste, die jene Instrumente beherbergt, ist eine Kollektion der Klänge: Gitarre und Klavier, Flöte und Glockenspiel, Bodhrán und Glasharfe – und was immer sonst gerade zur Hand sein mag.

Manchmal stimmt ihr dunkler Prinz mit ein, Rafael, der größere Tiefe dem verleiht, was ohnedies tief war. Er ist ein Kämpfer und ein Tänzer und ein Sänger und ein Schöpfer von Spielen.

Und mit einem Mal steigt wieder ihre andere Seele an die Oberfläche und sie weilt nicht länger zwischen den Rosen, sondern trotzt den Dornen des Lebens, um Recht zu sprechen. Sie ist Strafrichterin, sitzt zu Gericht und sieht Verbrechen und Missständen ins Auge. Sie versteht sich auch hierauf, fällt ihre Urteilssprüche mit demselben Scharfsinn, der ihre Gedichte durchdringt.

Dort in ihrem Herzen umschlingen beide Seelen einander und tanzen zum Geiste des Kontrapunkts, und die Wirklichkeit und das, was dahinter wartet, halten einander an Händen, auf eine bisweilen melancholische, aber stets ästhetische Weise.

Fall

Im Herbst nehmen die Blätter die Farbe ihres Haares an – ein feuriges Gold. Sie ist eine kleine, schmale, scharf umrissene Flamme, deren glühende Kreativität ihre Wärme in die Welt strahlt. Sie hätte eine Heilerin sein können, aber sie wandte sich Worten und Liedern zu, die sie austeilt wie lindernde Mittel. Sie trägt die Gewänder lange vergangener Zeiten wie ein Wahrzeichen ihrer untrennbaren Verbindung zum Zeitalter der Sagen und Legenden. Sie ist fester Bestandteil dieser Legenden, und bei allem, was sie in dieser Wirklichkeit tut – wie rusissche Romane zu übersetzen – wirkt sie stets tief an jenem anderen Ort verwurzelt. Hic sunt dracones – aber wir mögen Drachen. Und segelt ihr weiter, über die Grenzen hinaus, dem Sirenenruf nach, so werdet ihr sie und ihre Musik finden.

Man könnte sie mit dem Füllhorn der alten griechischen Götter vergleichen. Unter den Früchten und Blumen der Erntezeit, die aus dieser unerschöpflichen Quelle strömen, sind Instrumente – Gitarre, Flöte, Saxophon, Klarinette, Mandoline, Metallophon, E-Bass und vielleicht noch viel mehr, die nur darauf warten, eines Tages ganz unvermutet hervorzukommen. Man denke an doppelsaitige Harfen, mit dem Fuß geschlagene Zymbeln oder durch Gedanken gezupfte Psalter. Auch sie wird sie unzweifelhaft spielen können – vermutlich ohne viel zu üben, denn sie ist fast frustrierend vielseitig. Alles, was ihr zu tun habt, ist euch zu setzen und staunend zuzuhören.

Worte sind ihr Reichtum. Sie hat sie gesammelt wie andere Menschen Gold und Edelsteine. Eine immense Beute an Ausdrücken und Ausdrucksfülle. Eine Sprache ist nicht annähernd genug. Sie schreibt ihre Lieder auf Deutsch und Englisch, Russisch und Französisch, vermengt die Farbe ihres Klanges mit der Stimmung, die sie auf der Leinwand ihrer Ernte zu malen wünscht. Fast kann man sie sich auf ihrer Septemberinsel vorstellen, wo eine Schatztruhe voller Lieder darauf wartet, von jenen entdeckt zu werden, die Musik lieben – den Freibeutern auf dem Ozean der Legenden. Eine Reise, die niemals langweilig werden wird.

 

Das Frühlingsfest der Filksmusik